Sixtus IV. della Rovere   † 1484-08-12
Sixtus IV. della Rovere
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Sixtus IV., Grabmal S. Pietro in Vaticano, Gesamtansicht Sixtus IV., Grabmal S. Pietro in Vaticano, Detail Sixtus IV., Wappen Della Rovere Sixtus IV., Grabmal S. Pietro in Vaticano, Inschrift Sixtus IV., Grabmal S. Pietro in Vaticano, Detail
Sixtus IV., Grabmal S. Pietro in Vaticano, Grabplatte Gruft

Papstname:
Sixtus IV.

Familienname, Vorname:
della Rovere, Franceso

Todesdatum:
1484-08-12

Pontifikat:
1471-1484

Begräbniszeremoniell:
„Am anderen Morgen wurde der Leichnam des Sixtus [IV. della Rovere] nach St. Peter getragen, mit höchstens 20 brennenden Wachskerzen, in ein altes goldgesticktes und fast zerfetztes Messgewand gekleidet; nur wenige Leute begleiteten ihn. Er war ganz schwarz und entstellt, sein Hals aufgedunsen [...] Und man sah keinen Menschen, der gut von ihm gesprochen hätte, außer einem gewissen Bruder vom Orden des heiligen Franziskus, der an jenem Tag allein an seiner Leiche Wache hielt, nicht ohne großen Gestank.“

Ort (Stadt, Region, Land):
Roma, Latium, Italien

Kirche:
S. Pietro in Vaticano

Standort der Kirche (Karte):
Karte Pop-Up San_Pietro_in_Vaticano

Standort des Grabmals (heute):
Sonstiges

Genauer Standort (heute):
Tesoro

Standort des Grabmals (ursprünglich):
Kapelle

Genauer Standort (ursprünglich):
sixtinische Marienkapelle von Alt-St. Peter

Familienkapelle:
nein

Belege und Anmerkungen (Allgemeines):
Todesdatum: HC, Bd. 2, S. 15
Begräbniszeremoniell: Infessura, Diario, Sp. 1184f.
Ursprünglicher Standort: Frommel, Cappella Iulia, S. 30-33

Auftraggeber:
Rovere, Giuliano della (Kardinalnepot)

Kosten:
kein Eintrag

Künstler:
Pollaiuolo, Antonio del
Pollaiuolo, Piero del

Art der Zuschreibung:
quellenkundlich

Beginn:
nach Tod des Papstes

Art der Datierung:
quellenkundlich

Ausführung:
von: 1484-00-00
bis: 1492-00-00

Entwurfszeichnungen:
-

Modelle:
-

Belege und Anmerkungen (Entstehung):
Künstler / Datierung: Ettlinger, Pollaiuolo, S. 52; zuletzt Poletti, Pollaiolo, S. 214
Auftraggeber: laut Inschrift: [...] IVLIANVS CARDINALIS PATRVO B M MAIORE PIETATE [...]

Grabmalsart:
Freigrabmal

Grabmalstypus:
Tumba

Grabmalsgrösse:
kein Eintrag

Grablege des Leichnams:
-

Kenotaph (ursprünglich):
nein

Sarkophag:
-

Wappen und Heraldik:
Papstwappen Sixtus´IV. rechts und links des Kopfes der Papstfigur
Kardinalswappen Giuliano della Roveres zu Füßen des Gisants; Anzahl der Quasten zu beiden Seiten des Wappenschildes (untere Reihe): zehn

Inschrift:
siehe Abbildung

SIXTO QVAR PONT MAX EX ORDINE MINORVM DOCTRINA/ ET ANIMI MAGNITVDINE OMNIS MEMORIAE PRINCIPI/ TVRCIS ITALIA SVMMOTIS AVCTORITATE SEDIS AVCTA/ VRBE INSTAVRATA TEMPLIS PONTE FORO VIIS BIBLIO/ THECA IN VATICANO PVBLICATA IVBILEO CELEBRATO/ LIGVRIA SERVITVTE LIBERATA CVM MODICE AC PLANO/ SOLO CONDI SE MANDAVISSET/ IVLIANVS CARDINALIS PATRVO B M MAIORE PIETATE/ QVAM IMPENSA F CUR/ OBIIT IDIB SEXTIL HORA AB OCCASV QVINTA AN CHR MCDLXXXIIII/ VIXIT ANNOS LXX DIES XXII HORAS XII
[Transkription Ph. Zitzlsperger]

Sixtus IV., Grabmal S. Pietro in Vaticano, Inschrift

Sixtus IV., Grabmal S. Pietro in Vaticano, Grabplatte Gruft

Porträttypus:
Liegefigur

Kleidung:
liturgisch

Kopfbedeckung:
Tiara

Weitere Beschreibung:
Der Kopf des toten Papstes, in dessen eingefallenem Gesicht der Tod besonders deutlich hervortritt, ist auf zwei reich verzierten Kissen gelagert und dadurch erhöht.

Figürliche Darstellungen

Allegorien:
Fides, Spes, Fortitudo, Justitia, Temperantia, Prudentia
zehn freie Künste: Theologia, Geometria, Musica, Prospectiva, Grammatica, Rhetorica, Dialectica, Astrologia, Arithmetica, Philosophia

Putten:
-

Weitere Figuren:
-

Szenische Darstellungen:
-

Material des Porträts
& der figürlichen Darstellungen

Marmor (weiss):
-

Marmor (gefasst):
-

Buntmarmor:
-

Bronze:
gesamt

Stuck:
-

Porphyr:
-

Verschiedenes:
-

Material der Architektur
& Dekoration

Marmor (weiss):
-

Marmor (gefasst):
-

Buntmarmor:
-

Bronze:
gesamt

Stuck:
-

Porphyr:
-

Verschiedenes:
-

Material der Papststatue:
Bronze

Belege und Anmerkungen (Beschreibung):
Freigrabmal: siehe hierzu Poeschke, Freigrabmäler, S. 93-94, der auf den engen Zusammenhang von freistehendem Grabmal und Stiftergrabmal hinweist.

Allegorien: grundlegend hierzu Schüssler, Sixtus IV. und Tezmen-Siegel, S. 173

Veränderung:
ja

Anmerkungen zur Veränderung:
Die Bronzetumba stand auf einem niedrigen Porphyrsockel, der heute entfernt ist.

Verlegung:
ja

Datum: 1. 1607-00-00

Anmerkungen zur Verlegung:
Das Grabmal Sixtus’IV. befindet sich heute im sogenannten Tesoro von St. Peter, einem an das südliche Querhaus angegliederten Annexbau, der als museale Schatzkammer dient. Der ursprüngliche Aufstellungsort war in Alt-St. Peter nicht weit von der heutigen Stelle in einer eigens von Sixtus IV. gestifteten Marienkapelle, die an das südliche Seitenschiff der konstantinischen Basilika angebaut und 1479 geweiht worden war. Ihre Doppelfunktion als Papstgrablege und als Kanonikerchor garantierte einen kontinuierlichen Personenverkehr und die damit verbundene Beständigkeit der Papstmemoria in der Kapelle. Doch 1607 musste sie schließlich dem Neubau von St. Peter weichen. Es ist umso überraschender, dass die Wertschätzung des Sixtusgrabmals trotzdem nicht abriss und das Meisterwerk Pollaiuolos die Zeit nach 1607 unversehrt überstanden hat, sind doch die meisten Papstgrabmäler des Mittelalters beim Neubau des Petersdomes aufgelöst oder nur als Fragmente in die Grotten verlegt worden. Lediglich das Grabmal Sixtus’ IV. und jenes seines Nachfolgers Innozenz’ VIII. Cibo erhielten einen neuen Platz in Neu-St. Peter.

Zerstörung:
nein

Anmerkungen zur Zerstörung:
-

Ergänzende Angaben:
Die Vorgänger des Roverepapstes, aber auch andere gesellschaftliche Eliten – insbesondere die Kardinäle in Rom – erhielten ausnahmslos Grabmäler, an denen die Liegefigur auf einem Sarkophag gebettet wurde. Sixtus IV. jedoch ruht nicht auf einem Sarkophag, sondern auf einem Monument-Sockel. Bereits sein architektonischer Aufbau ist besonders eigenartig, da er nicht aus der Grabmalstradition stammt. Der rechteckige Sockel verjüngt sich von unten nach oben, wobei seine Flanken konkav geschwungen sind. Dabei unterteilen mächtige Voluten als buschige Akanthusblätter die Flanken in ihre Relieffelder und an den Kanten des Sockels nehmen sie an saftigem Volumen zu und wachsen doppelt übereinandergelegt aus Löwentatzen empor. Die charakteristische Form des Unterbaus, seine konkave Verjüngung nach oben, ist über die Maßen typisch für die Bekrönung quattrocentesker Monumentsockel. Das berühmteste Beispiel ist in dieser Hinsicht die Reiterstatue des Marc Aurel, die Ende des 15. Jahrhunderts noch vor dem Lateran stand. Wie wir aus verschiedenen Bildquellen dieser Zeit erfahren können, stand die berühmteste Statue Roms auf einem Quader, dessen obere Plinthe vorkragte und sich über konkav geschwungene Flanken nach oben verjüngte. Darauf kam der Reiter zu stehen. In den Proportionen dürfte das Beispiel der Marc-Aurel-Plinthe etwa dem Unterbau Sixtus’ IV. entsprochen haben. Und es darf nicht vergessen werden, dass der Unterbau des Roveregrabmals ursprünglich auf einem grünen Porphyrquader aufgesockelt war, der den Monumentcharakter zusätzlich verstärkte, heute jedoch verloren ist. Dass also der Unterbau des Sixtusgrabmals nicht als Sarkophagdeckel sondern als Monumentsockel zu verstehen ist, wird von Pollaiuolo in den Bronzereliefs der Artes liberales an den Flanken des Sockels variationsreich verdeutlicht. Die charakteristische Form der sich über konkav geschwungene Flanken nach oben verjüngenden Basis taucht in den Reliefs der „Prospektiva“, der „Astrologia“ und der „Philosophia“ wieder auf. Dort dienen sie als Basen der Lesepulte. Doch am deutlichsten wird die nahe Formverwandtschaft der Sockel insbesondere unter der Orgel der „Musica“. Dort entsprechen die Proportionen der Orgelsubstruktion in ihrer längsrechteckigen Form weitgehend dem Grabmal selbst. Die Beispiele zeigen zudem an den Kanten der dargestellten Sockel jene charakteristischen Akanthus-Voluten, die wir bereits am Grabmalsunterbau selbst beobachten konnten. Pollaiuolo übersetzte gewissermaßen die Formikonographie des Grabmalsockels in den Allegoriereliefs und verdeutlichte dessen säkulare Funktion, die von der bisherigen Grabmalstradition weit entfernt war. Dass die Form des Grabmals Sixtus’ IV. von den Zeitgenossen tatsächlich mit der Monument-Ikonographie in Verbindung gebracht wurde, beweist der etwa 45 Jahre später entstandene Sockel am Grabmonument Pauls III. Farnese (1534-1549). Abermals besticht die große und sicherlich nicht zufällige Ähnlichkeit mit dem Marc-Aurel-Sockel vom Lateran, die nun in dem außergewöhnlich hohen, monolithischen Quader kulminiert, der die Ehrenstatue weit emporhebt. Deutlich ist zudem der direkte Rekurs auf das Grabmal Sixtus’IV. zu erkennen, denn auch die Plinthe Pauls III., die sich ebenfalls über die konkav geschwungenen Flanken nach oben verjüngt, weist an den Kanten die typischen voluminösen Akanthus-Voluten auf. Vereinfacht ausgedrückt besteht der Unterschied zwischen den beiden Grabmälern nur noch in der Papstfigur: Während Sixtus IV. liegt, thront Paul III. Die Metamorphose vom Grabmal zum Monument findet am Farnesegrab seinen würdigen Abschluss. [Zitzelsperger, Sixtus IV., S. 33]

Quellen:
Infessura, Stefano (ca. 1440-ca.1500): Diario della città di Roma. In: Muratori, Ludovico Antonio: Rerum Italicarum Scriptores ab anno aerae christiane quingentesimo ad millesimumquingentesimum, tomus III, pars II. Mailand 1734, Spalte 1111-1252, hier Sp. 1184f [Infessura, Diario]

Literatur:
Borgolte, Michael: Petrusnachfolge und Kaiserimitation. Die Grablegen der Päpste, ihre Genese und Traditionsbildung. Göttingen 1989 [Borgolte], hier S. 281-286

Bredekamp, Horst: Grabmäler der Renaissancepäpste: Die Kunst der Nachwelt. In: Hochrenaissance im Vatikan. Kunst und Kultur im Rom der Päpste (1503-1534). Ausst.Kat., Bonn, Kunst- und Ausstellungshalle der Bundesrepublik Deutschland, Ostfildern-Ruit 1998, S. 259-267 [Bredekamp, Renaissancepäpste]

Bredekamp, Horst: Sankt Peter in Rom und das Prinzip der produktiven Zerstörung. Berlin 2000 [Bredekamp, St. Peter], hier S. 14-15

Ettlinger, Leopold D.: Pollaiuolos’ Tomb of Sixtus IV. In: Journal of the Warburg and Coultad Institutes, 16 (1953), S. 239-274

Ettlinger, Leopold: Antonio and Piero Pollaiuolo. Oxford 1978, hier S. 52-56, S.148-151 [Ettlinger, Pollaiuolo]

Frommel, Christoph Luitpold: “Cappella Iulia”. Die Grabkapelle Julius’ II. In Neu-St.-Peter. In: Zeitschrift für Kunstgeschichte 40 (1977), S. 26-62, hier S. 30-33 [Frommel, Cappella Iulia]

Fusco, Laurie: Antonio Pollaiuolo's use of the antique. In: Journal of the Warubrg and Coultard institutes XLII (1979), S. 257-263 [Fusco]

Hierarchia Catholica medii (et recentioris) aevi sive Summorum Pontificum, S.R.E. cardinalium, ecclesiarum antistitum series, e documentis tabularii praesertim Vaticani collecta, digesta, edita. Ab anno 1198 ... . Hg. v. Conrad Eubel, Patrick Gauchard, Remigius Ritzler u.a., 9 Bde.ff., Padua, Regensberg 1913ff. [HC]

Kempers, Bram: Capella Iulia and Capella Sixtina. Two tombs, one patron and two churches. In: Sisto IV. Le Arti a Roma nel Primo Rinascimento. Atti del convegno internazionale di studi. Hg. von Fabio Benzi, Rom 2000, S. 33-59 [Kempers, Two tombs]

Maddalo, Silvia: Il monumento funebre tra presistenze medioevali e cupero dell’antico. In: Un pontificato ed una Città. Sisto IV (1471-1484). Atti del convegno, Rom 3.-7. 12. 1984. Hg. von Massimo Miglio, Francesca Niutta, Diego Quaglioni, Concetta Ragnieri, Rom 1986, S. 429-452 [Maddalo]

Marzik, Iris: Die Allegorie der Theologie am Grabmal Sixtus' IV. In: Musagetes : Festschrift fur Wolfram Prinz zu seinem 60. Geburtstag am 5. Februar 1989. Hg. von Gebr. Mann, Berlin 1991, S. 255-265 [Marzik]

Poeschke, Joachim: Freigrabmäler der Frührenaissance und ihre transalpinen Voraussetzungen. In: Italienische Frührenaissance und nordeuropäisches Spätmittelalter. Kunst der frühen Neuzeit im europäischen Zusammenhang. Hg. von Joachim Poeschke, München 1993, S.85-99 [Poeschke, Freigrabmäler]

Poeschke, Joachim: Die Skulptur der Renaissance in Italien. Donatello und seine Zeit. München 1990 [Poeschke, Donatello], hier S. 181-182

Poletti, Federico: Antonio e Piero Pollaiuolo. Mailand 2001 [Poletti, Pollaiolo]

Roser, Hannes: St. Peter in Rom im 15. Jahrhundert. Studien zu Architektur und skulpturaler Ausstattung. München 2005 [Roser, St. Peter]

Schüssler, Stephanie: Das Grabmal Sixtus’ IV. in Rom. Zur Ikonographie der Artes Liberales. Mainz, München 1998 [Schüssler, Sixtus IV.]

Tezmen-Siegel, Jutta: Die Darstellungen der septem artes liberales in der Bildenden Kunst als Rezeption der Lehrplangeschichte. München 1985 [Tezmen-Siegel]

Wright, Alison: The Pollaiuolo Brothers: The Arts of Florence and Rome. New Haven 2005 [Wright, Pollaiuolo Brothers]

Zitzlsperger, Philipp: Von der Sehnsucht nach Unsterblichkeit. Das Grabmal Sixtus'IV. della Rovere (1471-1484). In: Totenkult und Wille zur Macht. Die unruhigen Ruhestätten der Päpste in St. Peter. Hg. von Horst Bredekamp und Volker Reinhardt. Darmstadt 2004, S. 19-38 [Zitzlsperger, Sixtus IV.]

Literatur-Gesamtverzeichnis