Quiniones, Francisco   † 1540-11-05
Quiniones, Francisco
Bearbeitet von: Philipp Zitzlsperger
 Francisco Quiniones, Grabmal S. Croce in Gerusalemme, Standort  Francisco Quiniones, Grabmal S. Croce in Gerusalemme, Gesamtansicht Francisco Quiniones, Grabmal S. Croce in Gerusalemme, Mittelnische, Figurennischen Francisco Quiniones, Grabmal S. Croce in Gerusalemme, Inschrift

Kardinalsname, Vorname:
Quiniones, Francisco

Todesdatum:
1540-11-05

Kreationspontifikat:
Clemens VII. de Medici

Kreationsdatum:
1527-12-07

Begräbniszeremoniell:
Am 27. Oktober 1540 starb in Veroli der päpstliche Statthalter des südlazialischen Städtchens, Kardinal Francisco Quiñones. Aus erlauchter spanischer Familie, hochstehender Diplomat für Kaiser und Papst, General des strengen Zweiges des Franziskanerordens, Reformer des römischen Breviariums, verschied der Kardinal in einer stillen, provinziellen Umgebung, die für seine Karriere eher untypisch war. Am nächsten Tag, nachdem bereits seine praecordia (Eingeweide) in der Kathedrale von Veroli bestattet worden waren, wurde Fra Francisco in der von ihm selbst angeordneten Grabstätte in seiner Titelkirche S. Croce in Gerusalemme in Rom beigesetzt. [Blaauw, Quiniones, S. 138]

Ort (Stadt, Region, Land):
Roma, Latium, Italien

Kirche:
S. Croce in Gerusalemme

Standort der Kirche (Karte):
Karte Pop-Up Santa_Croce_in_Gerusalemme

Standort des Grabmals (heute):
Chor

Genauer Standort (heute):
Chorscheitel

Standort des Grabmals (ursprünglich):
Chor

Genauer Standort (ursprünglich):
Chorscheitel

Familienkapelle:
nein

Belege und Anmerkungen (Allgemeines):
Todesdatum / Kreationsdatum / Kreationspontifikat: HC, Bd. 3, S. 20

Auftraggeber:
Quiniones, Francisco (Kardinal, Eigenstifung)

Kosten:
kein Eintrag

Künstler:
Sansovino, Jacopo (vgl. unten "Ergänzende Angaben zum Grabmal")

Art der Zuschreibung:
stilistisch

Beginn:
vor Tod des Kardinals

Art der Datierung:
quellenkundlich

Ausführung:
von: 1536-00-00
bis: kein Eintrag

Entwurfszeichnungen:
kein Eintrag

Modelle:
kein Eintrag

Belege und Anmerkungen (Entstehung):
Auftraggeber: laut Inschrift Quiniones selbst

Datierung: siehe Grabinschrift: "FRANCISCVS QVIGNONIVS TiTulis S. CRVCIS / IN HIERVSALEM S.R.E. PRESBYTER CARDinalis / NATIONE HISPANVS PATRIA LEGIONEnSIS / SANCTISSIMO CHRISTI CORPORI DICAVIT / ANNO M.D.XXXVI KALendae IVLIi" [nach Forcella, Iscrizioni 8, S. 191 no. 508 mit Korrekturen]

Pietro Aretino ist in einem Brief an Jacopo Sansovino aus dem Jahr 1537 der erste, der das Monument erwähnt, und zwar im Kontext einer Reihe von drei Kardinalsgrabmalen, die der Bildhauer in Rom gemacht hatte: „Né mai si voltano a San Marcello, vostra operazione, né alle figure di marmo, né a la sepoltura d'Aragona, di S. Croce e di Aginense (i principi de le quali pochi sapranno fornire), che non sospirino l'assenzia Sansovina...“ [Aretino, Pietro: Il primo libro delle lettere. Hg. von F. Nicolini. Bari 1913 (Scrittori d'Italia 53), S. 287, 2.11.1537]. Mit dem Kardinal S. Croce ist aufgrund anderer Erwähnungen in der Korrespondenz Aretinos eindeutig Quiñones gemeint [Blaauw, Quiniones, S. 142].

Grabmalsart:
Wandgrabmal

Grabmalstypus:
Triumphbogentypus dreiachsiger Aufbau mit Mittelrisalit, rechteckige Mittelnische wird flankiert von zwei rundbogigen Figurennischen, in der Mitte von Engeln gehaltenes Sakramentstabernakel in Retabelform, Grabmonument ist zugleich Tabernakelretabel

Grabmalsgrösse:
kein Eintrag

Grablege des Leichnams:
Die Gruft liegt im Apsisscheitel, unter einer Marmorplattform vor einem retabelartigen Aufbau, der ebenfalls von Quiñones errichtet worden ist. Das Bodengrab überdeckt eine Marmorplatte, deren Inschrift besagt, dass der Kardinal schon zu Lebzeiten, Tod und Auferstehung bedenkend, das Grab für sich angelegt habe mit dem biblischen Motto „ich warte hier auf meine Erlösung“.

Kenotaph (ursprünglich):
nein

Sarkophag:
fehlt

Wappen und Heraldik:
Sockelzone rechts und links

Inschrift:
siehe Abbildung

Francisco Quiniones, Grabmal S. Croce in Gerusalemme, Inschrift

Kein Porträt vorhanden

Figürliche Darstellungen

Allegorien:
-

Putten:
-

Weitere Figuren:
Könige David (rechts) und Salomon (links), die Schriftrollen mit auf das Sakrament bezogenen alttestamentlichen Texten tragen beziehungsweise aus Davids Psalmen und Salomons Weisheitsbuch.

Kniende Leuchterengel aus Bronze flankieren den tempietto

Szenische Darstellungen:
-

Material des Porträts
& der figürlichen Darstellungen

Marmor (weiss):
David, Salomon

Marmor (gefasst):
-

Buntmarmor:
-

Bronze:
kniende Leuchterengel

Stuck:
-

Porphyr:
-

Verschiedenes:
-

Material der Architektur
& Dekoration

Marmor (weiss):
-

Marmor (gefasst):
obere Voluten, die von oben nach unten in goldene Löwenbeine und -klauen übergehen

Buntmarmor:
Tympanon, Fries, Attika, Säulen

Bronze:
Skramentstabernakel

Stuck:
-

Porphyr:
-

Verschiedenes:
-

Belege und Anmerkungen (Beschreibung):
Grabmalstypus: Blaauw, Quiniones, S. 144

Veränderung:
ja

Anmerkungen zur Veränderung:
Die Attika wird heute als nicht ursprünglich angesehen. Vgl. Boucher, S. 52 und S. 325; Morresi, S. 160.
Giovannoni, stellt eine geringere Sorgfalt in der Verarbeitung des oberen Teils fest [Giovannoni, S. 71].

Verlegung:
nein

Anmerkungen zur Verlegung:
-

Zerstörung:
nein

Anmerkungen zur Zerstörung:
-

Ergänzende Angaben:
Künstlerzuschreibung: Das Quiñones-Monument harrt noch immer einer tiefgehenden, sowohl materiellen wie kunsthistorischen Analyse. Vgl. bis heute (mit teilweise widersprüchlichen Zuschreibungen und Werturteilen) Giovannoni, außerdem die beiden besten rezenten Studien bei Boucher, S. 52-53 und S. 325-326 (Kat. 16) und Morresi, S. 159-163.

Boucher geht aus stilistischen Gründen davon aus, dass die Statuen der Könige Israels erst kurz nach 1600 eingefügt wurden. Wenn dem so ist, dann wären die Nischen doch von Anfang an für diese Figuren vorgesehen gewesen. Boucher hält die knienden Engelsfiguren als einzige plastische Elemente für Arbeiten Sansovinos, im Gegensatz zur älteren Forschung, die gerade diese für nachträgliche Komplettierungen aus der Zeit um 1600 angesehen hat. Die Frage, welcher Mäzen in welcher Situation eine Vollendung der Stiftung des Kardinal Quiñones übernommen haben könnte, hat keiner der Stilkritiker beantwortet. [Blaauw, Quiniones, S. 141-142]

Pietro Aretino ist in einem Brief an Jacopo Sansovino aus dem Jahr 1537 der erste, der das Monument erwähnt, und zwar im Kontext einer Reihe von drei Kardinalsgrabmalen, die der Bildhauer in Rom gemacht hatte. Spricht Aretino von einer sepoltura, so kennzeichnet Onofrio Panvinio das Monument in anderer Weise, wenn er die Apsis der Kirche beschreibt: „Hier ist der Leib Christi mit dem Tempel und dem Leichnam des Kardinals Quiñones“ [Panvinio, Schedario, BAV, Vat. lat. 6781, f. 122 bis: „est ibi corpuis christi cum delubro et corpore cardinalis Guignonii“; vgl. Blaauw, Quiniones, S. 142].

Zur Kombination von Grabmal und Tabernakelretabel:
Gleichzeitig mit dem Projekt des Quiñones in S. Croce ließen die Testamentvollstrecker des Kardinals Willem van Enckevoirt, der kurz zuvor gestorben war (1534), in Santa Maria dell'Anima ein Grabmal errichten, das mit einem Sakramentstabernakel versehen werden sollte. Das Monument war als Pendant des gegenüberliegenden Papstgrabmals Hadrians VI., das Enckevoirt gestiftet hatte, konzipiert. Die beiden Grabmale sollten sich an den Seitenwänden des schmalen Presbyteriums gegenüberliegen und wären somit visuell dem Hauptaltar im Scheitel untergeordnet gewesen. Gräber, Tabernakel und Altar waren jedoch als Ensemble gedacht, und Enckevoirt veranlasste in seinem Testament auch den Bau eines neuen Hochaltars, dessen Reste in dem mit Enckevoirts Wappen ausgezeichneten Sockel des Retabels (1536-1540) noch sichtbar sind. Das Kardinalsgrabmal ist bis auf die Liegefigur verschollen, aber wir wissen, dass das Tabernakel oberhalb der Figur angebracht werden sollte und sein Aufbau dem Schema des Hadriangrabmals entsprochen hätte. Eine so enge Verknüpfung zwischen dem sepulkralen Hauptmotiv – dem Gisant – und dem Tabernakel gibt es in S. Croce nicht. Dagegen war das Tabernakelgrabmal in S. Maria dell'Anima nicht prominent in der Längsachse der Kirche aufgestellt. [Blaauw, Quiniones, S. 147]

Das in seiner Vorbildwirkung für Quiñones wohl wichtigste Grabmal, das ein Sakramentstabernakel integrierte und das Zentrum der Chorapsis einnahm, befand sich in der Della Rovere-Riario-Grablege in der Basilika SS. Apostoli (Abb. 5). Hier hatte Kardinal Giuliano della Rovere seit 1477 einen systematischen Umbau des Chores zur Grabkapelle seiner Familie veranlasst, wobei er das Grabmal seines Vaters Raffaele im Scheitel der Apsis anordnen ließ. Das Grabmal eines Laien - obwohl Bruder des regierenden Papstes - mit der Liegefigur des Toten, befand sich somit direkt hinter dem Hauptaltar, am traditionellen Ehrenplatz der päpstlichen Kathedra. Damit wurde zum ersten Mal eine Grabmaldisposition, wie sie in Kapellen nicht unüblich war, auf eine alte Stationskirche, das heißt, eine Kirche mit einer auf die Spätantike zurückgehenden Funktion in der päpstlichen Liturgie, übertragen. Diese ungewohnte Anordnung bekam einen liturgischen „Mehrwert“, indem sie verbunden wurde mit einem Sakramentstabernakel, das hier wahrscheinlich über dem Gisant in der Wand angebracht war. Man kann in diesem Eingriff zusammen mit der Aufstellung bzw. Planung anderer Monumentalgräber im liturgischen Herz der Kirche und in optischer Verbindung mit dem Hauptaltar nichts anderes sehen als die gewollte Auflösung eines uralten liturgisch-architektonischen Zusammenhangs zugunsten des Selbstdarstellungsbedürfnisses der Kardinalsdynastie. [Blaauw, Quiniones, S. 148-149]

Quellen:
Aretino, Pietro: Il primo libro delle lettere. Hrsg. von F. Nicolini. Bari 1913 (Scrittori d'Italia 53), S. 287 (2.11.1537)

Literatur:
Boucher, Bruce: The Sculptor of Jacopo Sansovino. 2 Bde., New Haven/ London 1991 [Boucher]

Blaauw, Sible de: Das „opus mirabile“ des Kardinals Quiñones in S. Croce in Gerusalemme zwischen Memoria und Liturgie. In: Arne Karsten und Philipp Zitzlsperger (Hrsg.): Tod und Verklärung. Grabmalskultur in der Frühen Neuzeit. Tagungsakten des interdisziplinären Forschungskolloquiums in Schloß Blankensee bei Berlin vom 12. bis 14. September 2002. Köln/Wien/Weimar 2004, S. 138-155 [Blaauw, Quiniones, S. 138]

Giovannoni, Gustavo: Un'opera sconosciuta di Jacopo Sansovino in Roma. In: Bollettino d'Arte, 11, 1917, S. 64 81 [Giovannoni]

Hierarchia Catholica medii (et recentioris) aevi sive Summorum Pontificum, S.R.E. cardinalium, ecclesiarum antistitum series, e documentis tabularii praesertim Vaticani collecta, digesta, edita. Ab anno 1198 ... . Hg. v. Conrad Eubel, Patrick Gauchard, Remigius Ritzler u.a., 9 Bde.ff., Padua, Regensberg 1913ff. [HC]

Morresi, Manuela: Jacopo Sansovino. Mailand 2000 [Morresi]

Literatur-Gesamtverzeichnis