Estouteville, Guillaume d'   † 1483-01-22
Estouteville, Guillaume d'
Bearbeitet von: CB / AL / AG
Status: in Bearbeitung
1965

Kardinalsname, Vorname:
Estouteville, Guillaume d'

Kreationspontifikat:
Eugen IV. Condulmer

Geburtsdatum:
1412-00-00

Todesdatum:
1483-01-22

Geburtsort:
Normandie

Sterbeort:
Roma

Belege und Anmerkungen (Person):
Alle Angaben nach DBF, Bd. 13, Sp. 126f.

Italienische Namensvariante: Guglielmo d`Tuttavilla [DBI, Bd. 43, S. 456]

Vater:
Estouteville, Jean (Seigneur de Valmont)

Mutter:
Harcourt, Marguerite d` (Dame de Longueville et de Plaines)

Kinder:
Estouteville, Girolamo; Estouteville, Agostino; Estouteville, Caterina; Estouteville, Magherita; Estouteville, Giulia

Geschwister:
Estouteville, Louis

Neffen:
kein Eintrag

Onkel:
kein Eintrag

Tante:
kein Eintrag

Paten:
kein Eintrag

Sonstige Verwandte:
kein Eintrag

Belege und Anmerkungen (Familie):
Vater/ Mutter: DBF, Bd. 13, Sp. 126

Geschwister: LM, Bd. 4, Sp. 40

Kinder: DBI, Bd. 43, S. 459

Als Mutter der unehelichen Kinder nennt das LM Marie d’Harcourt [LM, Bd. 4, Sp. 40].

Die Familie war mit dem französischen Königshaus und dem Haus Savoyen verwandt [LM, Bd. 4, Sp. 40].

Ordens- und Kongregationszugehörigkeit:
kein Eintrag

Promotionstitel:
kein Eintrag

Promotionsort:
kein Eintrag

Priesterweihe:
kein Eintrag

Bischofsweihe:
kein Eintrag

Bischofsweihe durch:
kein Eintrag

Kreationsdatum:
1439-12-18

Bistümer:
1439-02-27: Bistum Angers; 1453-04-20: Erzbistum Rouen

Titelkirchen (nach HC):
o.D.: S. Martino ai Monti
o.D.: Porto
o.D.: Ostia

Protektorate:
o.D.: Augustinereremiten (37 Jahre lang) [DBI, Bd. 43, S. 457; LM, Bd. 4, Sp. 41]]

o.D.: Velletri [DBI, Bd. 43, S. 458]

o.D.: Deutscher Orden [LM, Bd. 4, Sp. 40]

Kongregationen:
kein Eintrag

Utriusque Signaturae Referendarius (VSR):
von: kein Eintrag
bis: kein Eintrag

Uditore di Rota:
von: kein Eintrag
bis: kein Eintrag

Datario:
von: kein Eintrag
bis: kein Eintrag

Vicegovernatore:
kein Eintrag

Governatore:
kein Eintrag

Vicelegato:
kein Eintrag

Nunzio:
kein Eintrag

Legato:
kein Eintrag

Abbreviatore di parco maggiore:
kein Eintrag

Protonotario:
1433-00-00

Chierico di Camera:
kein Eintrag

Auditore di Camera:
kein Eintrag

Tesoriere generale:
kein Eintrag

Chronologie der Karriere / Biographie:

  • 1428: Kanoniker in Evreux (Rouen) [DBI, Bd. 43, S. 456]

  • nach 1428: Studium in Paris [DBI, Bd. 43, S. 456]

  • o. J.: Magister in artibus et in decretis in Paris [Esposito, Cardinale, S. 163]

  • 1432: Kanoniker in Lyon [DBI, Bd. 43, S. 456]

  • 1433: Kanoniker in Angers

  • ab 1433 nachgewiesen: Protonotario Apostolico [LM, Bd. 4, Sp. 40; o.D. in HC, Bd. 2, S. 98]

  • 1439-02-27: gegen den Willen des französischen Königs Bischof von Angers [DBI, Bd. 43, S. 456, dort mit Verweis auf ASV, Reg. Vat. 365, fol. 222r Hinweis auf den falschen Eintrag in der HC, Bd. 2, S. 87 (1439-02-20)]

  • 1449-09-25: Bischof von Digne [HC, Bd. 2, S. 144; LM, Bd. 4, Sp. 40]

  • 1439-12-18: Kardinalsernennung [HC, Bd. 2, S. 8]

  • 1443: Erzpriester von S. Maria Maggiore [LM, Bd. 4, Sp. 41]

  • 1444: Abt des Klosters in Mont-Saint-Michel und Prior von Saint-Martin-des-Champs [DBI, Bd. 43, S. 456]

  • 1451-09-16 bis 1453-01-13: erste  Legation nach Frankreich [DBI, Bd. 43, S. 457]

  • 1453-04-20: Erzbischof von Rouen [HC, Bd. 2, S. 225]

  • 1454-05-16 bis 1455-09-12: zweite Legation nach Frankreich [DBI, Bd. 43, S. 457]

  • zwischen 1454 und 1455: während seiner Frankreichreise feierlicher possesso in seinem Erzbistums Rouen [DBI, Bd. 43, S. 457]

  • 1454: Titelbischof von Porto, ohne die Titelkirche S. Martino ai Monti resiginieren zu müssen [DBI, Bd. 43, S. 457; o.D. in der HC, Bd. 2, S. 8]

  • 1459: unter Pius II. Titelkirche S. Pudenziana (Resignation von S. Martino ai Monti) [DBI, Bd. 43, S. 457; nicht in der HC aufgeführt]

  • o.D.: Titelbischof von Porto [HC, Bd. 2, S. 8]

  • 1461: Titelbischof von Ostia [DBI, Bd. 43, S. 457; o.D. in der HC, Bd. 2, S. 8]

  • nach 1464: unter Paul II. Berufung in die Kardinalkommission zum Verfahren gegen den böhmischen König Georg Podiebrad [LM, Bd. 4, Sp. 40] 

  • 1472: Dekan des Kardinalskollegiums (zuvor mehrmals Camerlengo des Kardinalskollegiums) [DBI, Bd. 43, S. 457]

  • 1477 bis 1483: Camerlengo della Santa Romana Chiesa [DBI, Bd. 43, S. 458]

  • 1483-01-22/23: stirbt in seinem Palast nahe der Kirche S. Apollinare in Rom; sein Körper wird  in der römischen Kirche S. Agostino beigesetzt, sein Herz in der Kathedrale von Rouen  [DBI, Bd. 43, S. 459]

Pfründen und Einkünfte:
1449: 400 Gulden jährlich aus dem Bistum Digne [HC, Bd. 2, S. 144]

ab 1453: 12.000 Gulden jährlich aus dem Erzbistum Rouen [HC, Bd. 2, S. 225]

o.D.: zahlreiche Kommenden von Benediktinerklöstern, darunter B. Maria del Cerreto in Lombardia [DBI, Bd. 43, S. 457]

1481 bezeichnet ihn Giacomo Gherardi als reichsten Kardinal[Esposito, Cardinale, S. 164]

Erben:
kein Eintrag

Testamentsvollstrecker:
kein Eintrag

Politische Stellung - klienteläre Bindungen:
Die Ernennung E.`s zum Bischof von Angers 1439-02-27 stösst auf erfolgreichen Widerstand des französischen Königs Karl VII. [LM, Sp. 40]. E. wird niemals Besitz von diesem Bistum ergreifen. Als Entschädigung erhält E. deshalb von Eugen IV. 1439-09-25 das Bistum Digne. Wenige Monate darauf wird er zum Kardinal ernannt. [LM, Bd. 4, Sp. 40]

Nach seiner Wahl hält sich d`E. überwiegend in Rom auf [DBI, Bd. 13, S. 457]. In rascher Folge erhält er eine Vielzahl von Benefizien und Besitztümern, vor allem aus dem französischen Pfründenstock. So wird er u.a. 1444/1445 auf Wunsch Karls VII., den E.`s Bruder Louis heldenhaft gegen die Engländer verteidigt hatte, erster Kommendatarabt von Mont-St.-Michel [LM, Bd. 4, Sp. 40]. Die päpstliche Gunst erklärt sich nicht zuletzt aus dem Verwandtschaftsverhältnis des Kardinals zum französischen Königshaus und der ihm dadurch zugedachten Mittlerrolle zwischen Kurie und französischem Hof [LM, Bd. 4, Sp. 40].

Nikolaus V. Parentucelli (1447-1455) beauftragt ihn mit zwei Legationen nach Frankreich. Offiziell diente die erste (1451 bis 1453) dem Abschluss des Friedensvertrages zwischen der englischen und französischen Krone, doch der Papst verfolgte vor allem das Ziel, die in Bourges 1438 gegen Rom beschlossenen Sanktionen aufheben bzw. lockern zu lassen. [DBI, Bd. 13, S. 457] In beiden Punkten scheitern die Bemühungen d' E.`s, doch kann er  Reformen an der Pariser Universität vorantreiben sowie den Prozess um die Rehabilitierung Johanna von Orleans anstossen [DBI, Bd. 13, S. 457].  Darüber hinaus versucht der Kardinal, der in engem Kontakt zu Francesco Sforza und Cosimo de`Medici steht, eine Allianz zwischen Frankreich, Mailand und Florenz zu schmieden, welche 1452 auch wirklich geschlossen wird [DBI, Bd. 13, S. 457].

Die zweite Legation nach Frankreich (1454-1455) hat das Ziel, den französischen König zur Unterstützung des von Nikolaus V. ausgerufenen Kreuzzuges zu bewegen, was jedoch mißlingt [DBI, Bd. 43, S. 457]. Nach seiner Rückkehr fungiert er in Rom vor allem als Mittelsmann zwischen dem Heiligen Stuhl, dem Herzogtum Mailand und der Signoria von Florenz  [DBI, Bd. 43, S. 457]. 

Besonders unter Paul II. Barbo wird er mit zahlreichen Aufgaben betraut, wozu u.a. die Verwaltung (gemeinsam mit den Kardinälen Bessarion und Carvajal) der für den Kreuzzug bereitgestellten Gelder gehörten. [DBI, Bd. 43, S. 458] Als es ihm gelingt, den jahrelangen Streit zwischen der Stadt Velletri und der Familie Colonna über den Grundbesitz von Lariano zu schlichten, erhält er dafür von Paul II. das Protektorat über Velletri [DBI, Bd. 43, S. 457].

Vor allem die Angst vor einem zunehmenden französischen Einfluss an der Kurie verhindert nach dem Tod von Calixtus III. Borgia (1455-1458) seine Wahl zum Papst. Ebenso zählt er im Konklave von 1464 zu den Favoriten, doch schließlich wird Pietro Barbo als Paul II. zum neuen Ponifex gewählt. [DBI, Bd. 43, S. 458]

Er unterstützt finanziell den ungarischen König Matthias Corvinus; Sixtus IV. della Rovere stellt er mehrere Darlehen zur Verfügung, u.a. 6000 fiorini d`oro für die Flotte  gegen die Türken, für die der Papst ihm das Gebiet um Monticelli als Pfand überlässt und ihn gleichzeitig zum dortigen Gouverneur beruft [DBI, Bd. 43, S. 458].

Bildung und Publikationen (Intellektuelles Profil):
kein Eintrag

Sonstige Anmerkungen:
In den zeitgenössischen Quellen werden immer wieder auf die ungeheuren Reichtümer und die luxuriöse Lebensführung des Kardinals verwiesen [DBI, Bd. 43, S. 458]. Sein Palast bei S. Apollinare galt als einer der Prächtigsten der Stadt  [DBI, Bd. 43, S. 458].

Auch als Mäzen trat er hervor. Er beauftragte Mino del Reame mit einem Ziborium für S. Maria Maggiore. Als Protektor der Augustinereremiten ließ ab 1479 für mehr als „centum millibus aureorum“ durch den Architekten Giacomo da Pietrasanta die Kirche S. Agostino errichten  [DBI, Bd. 43, S. 458]. Ebenso ließ er die Stadtmauern und den Bischofspalast von Ostia erneuern, die Befestigungsanlagen von Velletri (wo er auch den Bischofspalast errichten liess) und errichtete in Frascati einen unterirdischen Aquädukt, der die Stadt mit Wasser aus Grottaferrata versorgen sollte [DBI, Bd. 43, S. 458].



Das Testament des Kardinals ist erhalten: Roma, Archivio di Stato, Coll. Not. Capit. 175, fol.  371r-376r

Quellen:
Archivio di Stato di Roma, Coll. Not. Capit. 175, fol. 317r-376r (Testament)

Literatur:
Darricau, R.: Estaing. In: Dictionaire de Biographie Française, Bd. 1ff. Paris 1932ff., hier Bd. 13, [1975], Sp. 126-128 [Dictionaire de Biographie Française]

Esposito, Anna: Estouteville (Tuttavilla), Guillaume (Guglielmo). In: Dizionario Biografico degli Italiani. Hg. v. Istituto della Enciclopedia Italiana, 62 Bde.ff., Rom 1960ff., hier Bd. 43, S. 456-460 [DBI]

Esposito, Anna: Il cardinale Guglielmo d'Estouteville, Ambrogio da Cori e l'area dei Colli Albani, in:Carla Frova u. a. (Hg.): La carriera di un uomo di curia nella Roma del Quattrocento. Ambrogio Massari da Cori, agostiniano: cultura umanistica e committenza artistica, Rom 2008, S. 161-171 [Esposito, Cardinale]

Esposito, Anna: Testamento e inventari per la ricostruzione della biblioteca del cardinale G. d`Estouteville, in: Scrittura biblioteche e stampa a Roma nel Quattrocento. Aspetti e problemi. Atti del seminario 1-2 giugno 1979, Città del Vaticano 1980, S. 309-342 [Esposito,Testamento]

Gill, Meredith J.: Guileaume d'Estouteville's Italia Journey. In: Mary Hollingsworth und Carol M. Richardson (Hgg.): The possessions of a Cardinal. Politics, piety, and art 1450-1700, University Park, Pennsylvania 2010, S. 25-45

Hierarchia Catholica medii (et recentioris) aevi sive Summorum Pontificum, S.R.E. cardinalium, ecclesiarum antistitum series, e documentis tabularii praesertim Vaticani collecta, digesta, edita. Ab anno 1198 ... . Hg. v. Conrad Eubel, Patrick Gauchard, Remigius Ritzler u.a., 9 Bde.ff., Padua, Regensberg 1913ff., hier Bd. 2, S. 8, 87, 144, 225 [HC]

Müller, Heribert: Estouteville, Guillaume d`. In: Lexikon des Mittelalters. 9 Bde., München, Zürich 1980-1998, hier Bd. 4, Sp. 40f. [LM]

Literatur-Gesamtverzeichnis

Porträts:
Mino da Fiesole, Büste des Kardinals Guillaume d`Estouteville, um 1460, New York, Metropolitan Museum. (Abgebildet in: Zuraw, Shelley E.: The sculpture of Mino da Fiesole, 3 Bde., Diss. Ann Arbor/Michigan 1993, Bd. 2, S. 576)